Speziell für die Wegrandpflege entwickeltes Doppelmessermähwerk, Technikvorführung des LPV Göttingen 2021.
Naturschutzorientierte Pflege
gehölzfreier Wegränder (Leitfaden)
Ökologische Bedeutung gehölzfreier Wegränder
Je nach standörtlichen Gegebenheiten (Bodenfeuchte, Nährstoffversorgung, Lichteinfall) kann die Vegetation an Wegrändern sehr stark variieren und ist auf kleinem Raum häufig sehr artenreich. Auf nährstoffarmen, trockenen Wegrandabschnitten finden sich beispielsweise Pflanzengesellschaften, die den unter Biotopschutz stehenden Sandmagerrasen zuzuordnen sind.
Auch die Mähhäufigkeit, Schnittzeitpunkt und die Art des Mähens (Mulchmahd oder Mahd mit Abfuhr) beeinflussen die Vegetationsentwicklung und damit auch die Habitatangebote für die Tierwelt, insbesondere die Insekten. Durch Vereinheitlichung der Pflegeregimes (Mulchmahd) und Nährstoffeintrag aus der Luft, insbesondere durch Stickstoff ist es vielfach zu einer Verarmung der Vegetation an den Wegrändern gekommen, einhergehend mit einer Dominanz von Gräsern.
Pflegeziele
Bisherige Defizite
- Großflächige Mahd zum gleichen Zeitpunkt
- Nivellierung von Standortunterschieden durch gleiches Mähregime, vorwiegend Mulchmahd
- Fehlen ungestörter Brachebereiche
Wegrandbreite und -dichte
- Zur Ausbildung eines stabilen Vegetationsgefüges ist eine Wegrainbreite von mehr als 2 m erforderlich. Schmalere Wegraine werden durch Randeffekte von Weg und Acker auf gesamter Breite beeinflusst.
- Viele Tierarten wie Rebhuhn, Feldlerche und Hase zeigen bei steigender Wegraindichte Anstieg der Population (Literatur-Richtwert 150 – 200 m Wegrain pro ha)
- Ziel: große Vielfalt an Strukturen und Lebensräumen (v.a. Extensivierung, tlw. aber auch Intensivierung der Pflege)
Hinweise zur Pflege von Wegrainen
- Einzelne Pflegeabschnitte nicht länger als 200 m
- Bei der ersten Mahd des Jahres nur den aus Verkehrssicherheitsgründen notwendigen Bereich mähen
- Gegenüberliegende Seitenräume zeitversetzt (mindestens 2 Wochen) mähen
- Jederzeit mind. 50 % der gesamten Wegrainfläche unzerstörte Vegetationsstruktur (sinnvolle Staffelung)
- Einzelne Brachen (möglichst ohne Problemunkräuter) stehen lassen
- Praxistipp: Wechsel der Pflege an gut kenntlichen Geländepunkten
- Abschieben des Fahrbahnrandes kann Standortvielfalt erhöhen, daher unproblematisch
Befahren
Das häufige Befahren mit schweren Maschinen kann zu einer starken Schädigung des Lebensraumes „Wegrain“ führen.
Gelegentliches Überfahren kann dagegen sogar zu einer höheren Strukturvielfalt beitragen.
Herbizid- und
Düngereinsatz
- Nicht ordnungsgemäß durchgeführter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stellt eine ernsthafte Bedrohung für den Lebensraum Wegrain dar.
- Permanenter Stickstoffeintrag aus diffusen Quellen stellt – wie überall in der Landschaft – eine relevante Beeinflussung der Vegetationszusammensetzung dar.
Strehmel
- Die Ausbildung eines periodisch in die Bodenbearbeitung einbezogenen ca. 20 – 30 cm schmalen Wegrainstreifens entlang der Ackerkante ist für den Naturschutz als vorteilhaft anzusehen.
- Dort kommt es zum Auflaufen einjähriger Ackerwildkräuter (Nahrungsquelle für Insekten)
Schnitthöhe
Mindestens 10 cm, um bodenlebende Insekten und niedrig wachsenden, blühende Kräuter zu schonen.
Schnittzeitpunkt
Mähen möglichst nicht vor dem 15. Juli. Der optimale Mahdzeitpunkt ist jedoch vom Pflegeziel abhängig.
Pflegeplan auf
kommunaler Ebene
Er enthält
- eine Karte der Pflegeobjekte
- die festgestellten Wegraintypen
- die festgelegte Pflege
- Minimal- und Optimalpflege
Maßnahmen zur Nutzung des Aufwertungspotentials
- Umstellung des Mähregimes
- Oberbodenabtrag an Wegrändern
- Pflanzung von Wildstauden
- Ansaat mit Regiosaatgut
- Anpflanzung von Hecken
- Heranziehung fremd genutzter Wegrand-Abschnitte
Spezielle Aufwertungsmaßnahmen -
Maßnahmenbeschreibungen
Folgende Maßnahmen bieten sich auf den verarmten Wegrandabschnitten an, um die Vegetation wieder artenreicher zu machen:
1.) Bodenabtrag oder Umbruch und Aussaat von Wildblumenmischungen aus Regiosaatgut
2.) Umstellung des Mähregimes (zweimalige Mahd mit Abfuhr des Mähgutes)
3.) Anpflanzung von Hecken aus heimischem Pflanzgut
4.) Staudenpflanzung als Initialpflanzung
5.) Heranziehung fremd genutzter Wegränder
1.) Bodenabtrag / Umbruch und Aussaat von Wildblumenmischungen
Dort, wo die Möglichkeit besteht, Boden abzufahren, kann der Oberbodenabtrag ausprobiert werden. Dabei wird eine mindestens 10 cm breite Schicht abgefahren, so dass die obersten humus- und stickstoffreichen Auflagen entfernt werden. Die abgetragene Schicht kann auch in nicht für die Vorflut benötigte Mulden geschoben werden. Als vorteilhaft erweist sich ein leicht welliges Profil der neuen Bodendecke.
Auf die Möglichkeit des späteren Mähens ist zu achten. Bei der Anlage von dieser Maßnahme ist eine Vorbelastung mit Altlasten auszuschließen. Um sicher zu gehen, können Bodenproben erforderlich sein. Der abgetragene Bereich kann im Wechsel mit einem Regiosaatgut eingesät werden bzw. der Selbstbegrünung überlassen werden.
2.) Umstellung des Mähregimes
Als Minimalanforderungen an ein naturschutzorientiertes Mähregime sind zu nennen:
- Kein beidseitiges, sondern einseitiges Mähen. Mindestabstand 2 Wochen
- Wenn möglich noch innerhalb eines einseitigen Wegrandes differenziert, d.h. nur den für den Ausweichverkehr relevanten Teil früh im Jahr mähen
- Ein später Schnitt (z.B. nach dem 15. Juli) hat den Vorteil, dass Vogelgelege mit hoher Wahrscheinlichkeit verschont werden. Dagegen sind frühe Schnitte (z.B. Ende Mai oder Anfang Juni) optimal im Hinblick auf den anzustrebenden Nährstoffaustrag. Hierbei ist dann in jedem Fall die Abfuhr des Mähgutes erforderlich.
- Einstellung des Mähwerkes auf mindestens 10 cm Schnitthöhe
- Belassen von jährlich 10 % Brache
Als optimales Pflegeregime ist zusätzlich anzusehen:
- Zweimalige Mahd pro Jahr zwecks Aushagerung
- Abfuhr des Mähgutes zwecks Aushagerung
- Nachsaat mit hochwertigen Blühmischungen
(Regio-Saatgut) oder Heublumensaat
3.) Anpflanzung von Hecken aus heimischem Pflanzgut
Auf mindestens 4 m breiten Streifen lohnt sich die Anpflanzung von Gehölzreihen, vornehmlich dichten Strauchhecken. Die Anpflanzung erfolgt auf 4-5 m breiten Grundstücken zweireihig im Zickzackverband, bei Flächen über 5 m Breite auch 3reihig im
Zickzackverband, in beiden Fällen so, dass ein mind. 1 m breiter Staudensaum übrig bleibt.
Es können sporadische Pflanzlücken eingeplant werden.
Ob Wildschutzzäune erforderlich sind, hängt von der lokal herrschenden Wildverbissgefahr ab.
4.) Staudenpflanzung (Initialpflanzung)
Pflanzung von Wildstauden z.B. mit Margeriten, Wegwarte, Pimpinelle, Wiesensalbei, Wiesenglockenblume, am besten im Herbst.
5.) Heranziehung fremd genutzter Wegränder
Lohnend ist die Rückholung der überackerten Wegränder im Zweifel v.a. dann, wenn die Breite des überackerten Streifens und der restliche Vegetationsstreifen in der Summe mehr als 2,5 m ergibt.
Für die Aufwertung der überackerten Wegränder bietet sich v.a. die Einsaat von Wildblumenmischungen in das bereitete Saatbett an. Sicherung durch Pflöcke max. alle 10 m. Bei dem Setzen der Pflöcke ist das Schwengelrecht zu beachten, d.h. für den landwirtschaftlich tätigen Nachbarn ist ein 60 cm breiter Streifen von Baumpflanzung oder Zaunpfählen freizuhalten.
Hinweise zur Behandlung von neuen Bankettbereichen
- Keine Andeckung mit Oberboden
- Mahd anfangs 2 x pro Jahr
- Bei Problemunkräutern kurz vor deren Blüte
- Abtrag des Mähgutes ist sinnvoll
- Spontane Wiederbesiedlung statt Einsaat
- Selbstberasung spart nicht nur Zeit und Geld, sondern garantiert auch standortgemäße Entwicklung und Besiedlung mit Arten aus der Umgebung (auf Kontaktbiotope achten!)
„Heublumensaat“
- In Anlehnung an alte Verfahren.
- Mähgut aus Magerrasenbeständen wird auf dem neuen Standort ausgebracht, sofern dieser geeignet ist.
Gemeinsame Wegeschauen vor Ort
Ansprechpartner
Stiftung Kulturlandpflege
Warmbüchenstr. 3, 30159 Hannover
Telefon: 0511 36704-41
E-Mail: [email protected]